Ich musste eine Entscheidung treffen: Weiterleben, ohne Gliedmassen oder sterben.
hallo.
Ich bin Francis Osagiobare. Ich wurde 1980 in Benin City, Nigeria geboren und bin als Jugendlicher allein in die Schweiz gekommen. Das war nicht immer einfach. Eine neue Kultur und Sprache – schon allein den Bus zu nehmen, war eine Herausforderung. Mit viel Lebensfreude und Kampfgeist habe ich mich trotzdem gut einleben können und bin inzwischen schon über 20 Jahre hier. Ich habe zwei Kinder und lebe mit meiner Partnerin auf dem Land. Ich habe als Allrounder gearbeitet – als Landschaftsgärtner, im Rechnungswesen und als Pfleger.
Im Mai 2021 kam dann der Schicksalsschlag: Ich verlor meine Hände und Füsse. Ich bin in der Nacht wegen starker Schmerzen aufgewacht und meine Freundin hat mich ins Spital gefahren. Dort hatte niemand eine Erklärung. Die Schmerzen wurden schlimmer und liessen mir keine Ruhe. Die meiste Zeit hatte ich das Gefühl, zu träumen. Wenn ich bei Bewusstsein war, fragte ich mich immer wieder: Wie kann ich das schaffen? Die Zeit drängte – mein Gewebe starb ab.
Ich musste eine Entscheidung treffen: Weiterleben, ohne Gliedmassen oder sterben. Ich entschied mich fürs Weiterleben.
Nach den Amputationen war ich einfach nur froh, dass ich noch am Leben war. Ich war zwei Wochen im Krankenhaus und bin dann in die Rehabilitationsklinik in Bellikon überwiesen worden. Dort startete ich mein Leben ohne Hände und Füsse. Mein Alltag bestand aus Physiotherapie, Fitness, Ergotherapie und Rollstuhlsport. Ich lernte, mit Prothesen zu gehen, dann zu rennen, einen Becher anzuheben, eine Dose zu öffnen und Tischtennis zu spielen. In dieser Zeit musste ich Kräfte einsetzen, von deren Existenz ich vorher gar nicht gewusst hatte. Ich lernte schnell und konnte die Klinik am 12. November 2021 verlassen.
Was mir diese Zeit genommen hat? Meine vier Gliedmassen. Was mir diese Zeit gegeben hat? Mehr Kampfgeist. Mehr Liebe zum Leben. Engere Beziehungen zu Menschen. Andere Prioritäten. Und das möchte ich mit der Welt teilen.
Vor dieser Erfahrung hatte ich am meisten Angst davor, Menschen könnten mich nicht mögen, weil ich es ihnen nicht recht mache. Diese Probleme kann ich mit denen, die ich jetzt habe, nicht vergleichen. Mein Ziel Nummer eins ist es, wieder gut zu laufen und auch sonst alles wieder tun zu können, was mich vorher glücklich gemacht hat – kochen, tanzen, Sport treiben, lachen.
Jeder Mensch glaubt, wenn mir dieses oder jenes passiert, dann kann ich nicht mehr. Dabei geht die eigene Kraftreserve vergessen, die sich oft erst in den schwierigsten Lebensphasen zeigt. Hätte mir vor den Amputationen jemand gesagt, dass ich Hände und Füsse verlieren würde, ich hätte gedacht, das bedeute das Ende. Jetzt habe ich keine Hände und Füsse mehr. Aber das hält mich nicht auf. Im Gegenteil.
Es gibt mehr Möglichkeiten im Leben, als du glaubst. Solange du nicht aufgibst, solange du es immer wieder versuchst.
Das Leben ist da, um Gutes daraus zu machen. Tu das, was dir Freude macht, weil irgendwann kannst du es vielleicht nicht mehr machen. Du weisst nie, was passieren wird. Und wenn es dann zu spät ist, bereust du, Dinge nicht getan zu haben, die dir wichtig sind.
Gott hat mir eine 2. Chance geschenkt. Meine Prothesen zeige ich wegen meiner körperlichen und psychischen Entwicklung mit Stolz.
#frankongoing ist die Geschichte meiner persönlichen Entwicklung. Begleite mich auf Instagram und TikTok. Sieh mir bei meinen kleinen Siegen und Niederlagen zu. Bleib auf dem Laufenden, wie #frankongoing am Laufen bleibt!